Gefährdungsanalyse

Deterministische Vorgehensweise

Deterministische Szenarien auf Grundlage historischer Erdbeben

Zielstellung ist der Vergleich der Gefährdungskarte der DIN 4149 (1981/1992) (s. Abb. 1) mit einem Szenario, welches auf Basis der der DIN zugrundegelegten Erdbeben erstellt wurde. Dieses deterministische Szenario dient als Grundlage eines Vergleiches mit anderen methodischen Vorgehensweisen.

Abb. 2 zeigt das Ergebnis dieser Rechnung. Die Erdbeben, die der DIN-Karte zugrundeliegen, wurden weder in der Intensität noch in anderen Parametern korrigiert, was in den aktuellen Erdbebenkatalogen zum Teil der Fall ist. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass bei den maßgebenden Erdbeben das Gebiet der ehemaligen DDR nicht berücksichtigt wurde.

Probabilistische Vorgehensweise

Aktuelle Forschungsvorhaben

Entwicklung einer neuartigen Methode der probabilistischen Gefährdungsberechnung (auf der Grundlage von Epizentrendichte-Verteilungen)

 

Inhalt

Die Qualität probabilistischer Gefährdungsanalysen wird wesentlich von der Qualität der Seismizitätsmodelle bestimmt, die die lokalen und regionalen Gegebenheiten widerspiegeln sollen. Modelle von seismischen Quellregionen stehen u.a. durch die Vorschläge von Ahorner und Rosenhauer (1986) oder Grünthal u.a. (1998) zur Verfügung, wobei letzteres Modell auch den Hintergrund für die Erstellung einer harmonisierten probabilistischen seismischen Gefährdungskarte für die D-A-CH-Staaten bildete.

Das Vorhaben lässt sich in eine in Deutschland (und angrenzenden Gebieten) bis dato nicht verfolgte Richtung seismischer Gefährdungsanalysen einordnen, die international unter der Bezeichnung zoneless approaches (d.h. ”zonenfreie” Methode) diskutiert wird.

 

Bearbeitung

Zentrales Element des Vorhabens besteht in der Entwicklung von Epizentrendichte-Verteilungen, die in Verbindung zur historischen Erdbebentätigkeit stehen, und ihrer Einbeziehung in probabilistische Gefährdungsanalysen.

Die regionale Dichte der Erdbeben wird direkt aus der geographischen Verteilung der Erdbeben bestimmt. Dafür wird ein sogenanntes Voronoi-Diagramm (Nachbarschaftsanlyse) berechnet, wobei jedem Punkt (Epizentrum) eine Polygonfläche (Voronoi - Region) zugeordnet wird. Alle Punkte des Polygons liegen näher zum gehörigen Epizentrum als zu allen anderen umgebenden Epizentren. Je dichter die Beben räumlich zusammenliegen, umso kleiner sind die Polygonflächen.

Diese Dichteverteilung bildet die Grundlage, qualitativ gleichrangige Gebiete zusammenzufassen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass auf eine neuartige seismotektonische Einteilung verzichtet werden kann. Eine wesentliche Aufgabe besteht darin, vergleichbare Epizentrendichte-Regionen (für unterschiedliche untere Magnitudengrenzen und Einteilungen von Magnitudenbereichen) unter Berücksichtigung unterschiedlicher Erdbebenkataloge zusammenzufassen.

Es werden alle Erdbeben des verwendeten Kataloges auf n Klassen aufgeteilt. Zuerst werden alle Beben nach Ihrer Epizentrendichte sortiert. Anschließend sind alle Erdbeben des verwendeten Bebenkataloges in Epizentrendichteklassen eingeteilt.

Schwerpunkte der weiteren Bearbeitung sind u.a.:

  • Verifikation der Modelle am Maßstab des ”Gefährdungshintergrundes”

  • Deaggregation des ”Gefährdungshintergrundes” (Ableitung der wahrscheinlichsten Beben und ihrer Besetzungszahlen)

  • Einführung von Abnahmebeziehungen aus aktuellen Datenauswertungen

  • Vergleich der Ergebnisse (Intensitäten) mit denen infolge gegenwärtig gebräuchlicher Programme und Einteilungen (für ausgewählte Standorte)

  • Ermittlung von ingenieurseismologischen Kenngrößen (u.a. gefährdungskonsistente Spektren)

  • Ingenieurpraktische Anwendungsbeispiele.

Literatur

Habenberger, J. (2004): Zur Berücksichtigung von Unsicherheiten in den Eingangsgrößen der probabilistischen seismischen Gefährdungsberechnung. Schriften der Bauhaus-Universität Weimar 116 (2004): 181--184.

Habenberger, J., Golbs, Ch., Schwarz, J. (2004): A zoneless approach in probabilistic seismic hazard analysis using density functions of epicenters. 29th General Assembly of the European Seismological Society (ESC), Potsdam 2004.

Habenberger, J., Raschke, M., Schwarz, J. (2004): Ein Modell zur Berücksichtigung der regionalen Seismizität in der probabilistischen Gefährdungsberechnung. Schriften der Bauhaus-Universität Weimar 116 (2004): 165--171.

Schwarz, J., Habenberger, J., Golbs, Ch. (2004): Parameteruntersuchung zur probabilistischen seismischen Gefährdungsberechnung. Schriften der Bauhaus-Universität Weimar 116 (2004): 173--180.

Leydecker, G. (2001): Earthquake Catalogue for the Federal Republic of Germany and Adjacent Areas for the Years 800 - 1995 (for Damaging Earthquakes till 2000).- Datafile.- Federal Institute for Geosciences and Natural Ressources, Hannover.

Rosenhauer, W. (1999): Benutzungs-Anleitung für das Programm PSSAEL zur probabilistischen seismischen Standort-Analyse. Bericht im Auftrag des VGB, Rösrath, August 1999.

Grünthal, G., Mayer-Rosa, D., Lenhardt, W. (1998): Abschätzung der Erdbebengefährdung für die D-A-CH-Staaten – Deutschland, Österreich, Schweiz. Bautechnik 75, 10, 753--767. 

Rosenhauer, W. (1998): Benutzungs-Anleitung für das Extremwertstatistik-Programm GUMBEL. Bericht im Auftrag der RWE, Rösrath, Juli 1998.

Ahorner, L., Rosenhauer, W. (1986): Regionale Erdbebengefährdung. Kap. 9 in: Realistische Lastannahmen für Bauwerke II. Abschlußbericht im Auftrage des Instituts für Bautechnik Berlin, König und Heunisch. Frankfurt/M. 1986.

Ahorner, L., Murawski, H., Schneider, G. (1970): Die Verbreitung von schadensverursachenden Erdbeben auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Zeitschrift für Geophysik 36, 313--343.

 

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