Die Seismizität Thüringens und ihre Widerspiegelung in Erdbebenbaunormen

Zur Entwicklung der Erdbebenbaunormen

Bis in die Mitte der 80er Jahre bestand in der damaligen DDR von behördlicher Seite die Auffassung, daß die Seismizität des Territoriums als vernachlässigbar gering zu betrachten sei.

Eine Neueinschätzung der seismischen Gefährdung auf der Grundlage des erweiterten und überarbeiteten Erdbebenkataloges (Zentralinstitut für Physik der Erde; Grünthal 1998) verdeutlichte jedoch die Notwendigkeit, eine Korrektur dieser Auffassung anzugehen.

Die wissenschaftliche und ingenieurseitige Untersetzung der abzuleitenden Schlußfolgerungen wurden nicht zuletzt auch durch Mitarbeiter des Instituts für Industrie- und Spezialbau und der Bauakademie geleistet. Im Ergebnis standen eine vorläufige Arbeitsrichtlinie der Staatlichen Bauaufsicht (StaBa 208/88), die auf Drängen des Ministeriums für Bauwesen kurzfristig zu erstellen war, um auf die Schwarmbeben des Vogtlandes 1985 zu reagieren, und die Erarbeitung einer modernen Baunorm, die am internationalen Stand zu orientieren war (Abb. 1). Die letztgenannte Vorschrift wurde als Erstfassung 1990 an der Hochschule für Architektur und Bauwesen vorgelegt.

Den Vorschriften liegen zwei unterschiedliche Karten zugrunde, die eine detaillierte Beschreibung der seismischen Gefährdung auf deterministischer und probabilistischer Grundlage ermöglichen. Es wurde deutlich, daß das Erdbebengebiet im Raum Gera-Leipzig eine besondere Stellung einnimmt und die Erdbebengefährdung in dieser Region neben konstruktiven Maßnahmen auch die rechnerische Berücksichtigung des Lastfalles Erdbeben erfordert.

Das auf historische Beobachtungen gestützte Zonierungskonzept der DIN 4149 (1992 erweitert um die neuen Bundesländer, Abb. 2) ist im Zusammenhang mit der Einführung des Eurocode 8 einer probabilistischen Karte gewichen, die dem praktischen Sicherheitsbedürfnis und dem aktuellen Stand der Technik besser gerecht wird.

Die Karte der DIN 4149, die bereits 1996 aus Vorarbeiten für das Nationale Anwendungsdokument zum EC 8 (NAD) hervorgegangen ist (Grünthal & Bosse, 1996), basiert auf einer mittleren Wiederholungsperiode von 475 Jahren. Dieses Gefährdungsniveau wird für allgemeine Hochbauten als ausreichend angesehen (Abb. 3).

Für Bauwerke mit erhöhtem Risikopotential steht jedoch allgemein die Forderung nach einer seismologischen Standortbegutachtung, wobei von Bemessungsereignissen mit deutlich geringerer Eintrittswahrscheinlichkeit auszugehen ist. In diesem Sinne stellen die Konturen und Intensitätsangaben für die Bauwerksauslegung untere Grenzwerte dar.

Schadenspotentiale

Daß auch in mitteleuropäischen Erdbebengebieten Schadenbeben zu erwarten sind und hohe volkswirtschaftliche Verluste bedingen können, wurde beim Roermond-Erdbeben (12. April 1992) deutlich. Das Beben richtete einen Sachschaden von rund DM 250 Mio. an, wobei der Großteil der Schäden an Wohngebäuden (ca. DM 65 Mio.) und Geschäfts- bzw. Industriegebäuden samt Einrichtung und Waren (ca. DM 80 Mio.) entstand (Berz, 1993). Die von dem Beben verursachten Schäden konzentrierten sich auf wenige Orte, in denen die Erschütterungen die Intensität VI erreicht oder überschritten haben.

Die Intensität VI wurde bei historischen Erdbeben in Thüringen wiederholt erreicht bzw. überschritten. In Abhängigkeit von regionalen Wertekonzentrationen erscheinen deshalb Erdbeben-Schadenpotentiale realistisch, die aus dem Schadensausmaß des Roermond-Erdbebens abgeleitet werden können.

Das stärkste bisher in Mitteldeutschland beobachtete und dokumentierte Erdbeben von 1872 (bei Schmölln) läßt eine Intensität größer VII (7) im Thüringer Raum als wahrscheinlich erscheinen (Grünthal & Schwarz, 2001).

Die Intensität als makroseismische Kenngröße zur Beschreibung der beobachteten Effekte der Bodenbewegung verdeutlicht zugleich die möglichen Folgen, die solche Erdbebenereignisse bedingen können. Diese Konsequenzen stehen, wenn man von den nicht quantifizierbaren menschlichen Sekundärwirkungen absieht, hinsichtlich der ökonomischen Aufwendungen (für den Wiederaufbau, die Rekonstruktion oder Verstärkung) in keinem Verhältnis zu den geringeren Aufwendungen, die eine ereignisgerechte Bauwerksauslegung in der Regel abverlangen wird.

Die Abschätzung der Erdbebenfolgen in den besonders gefährdeten Gebieten hat bezüglich der Wohnbauten folgenden Sachverhalten Rechnung zu tragen:

  • Die Bauwerke sind allgemein nicht gegen seismische Horizontallasten ausgelegt. Die in jedem Bauwerk vorhandene, aber begrenzte Erdbebenwiderstandsfähigkeit resultiert in erster Linie aus den Vorkehrungen gegen Windeinwirkungen und der Qualität von Entwurf und Ausführung.

  • Die Bauwerkssubstanz ist in der Regel überaltert und sanierungsbedürftig. Dies führt zu einer deutlichen Erhöhung der Verletzbarkeit (Vulnerabilität).

  • Die meisten Bauwerke in den Zonen moderater seismischer Gefährdung bedürfen einer Verstärkung bzw. Durchsetzung von elementaren Grundregeln des erdbebengerechten Bauens.

Durch das Erdbebenzentrum wurden durch die Fallstudie Schmölln/Ostthüringen methodische Grundlagen und Datenebenen für eine seismische Risikokartierung bzw. Mikrozonierung bereitgestellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Bewertung der Bausubstanz und der Kennzeichnung  des Einflusses der lokal veränderlichen Untergrundbedingungen.

Ergebnisse der Risikokartierung werden für Ereignisse unterschiedlicher Stärke (Intensität) vorgelegt. Die durchgespielten Bebenszenarien ermöglichen Aussagen über Gebiete mit zu erwartender erhöhter Schadenskonzentration, zu Anforderungen an die Folgebewältigung (Versorgungswege, intakte Verkehrsobjekte) oder  zu bestehenden Ertüchtigungsanforderungen.

Ergebnisse werden in GIS-Format als Planungsgrundlage für Ingenieurbüros bzw. als Entscheidungsgrundlage für Behörden bereitgestellt. Die Anwendung des zu erarbeiteten methodischen Instrumentariums ist dabei grundsätzlich auf andere Einwirkungen (Wind, Hochwasser) oder Problemgebiete (z.B. Revitalisierung von innerstädtischen und industriellen Brachen) übertragbar.

Die Arbeiten sind so angelegt, daß eine Übertragung auf andere Gebiete Deutschlands bzw. weltweit möglich wird. Ergebnisse liegen in publizierter Form vor (siehe Literaturverzeichnis und Ausführungen zum Katastrophenmanagement).

Konsequenzen aus der Neufassung der DIN 4149 (2005)

Die bislang bundesweit geltende DIN 4149 (1981) für Bauten in deutschen Erdbebengebieten wird im Zusammenhang mit der Einführung des Eurocode 8 durch eine neue Norm (DIN 4149) ersetzt, deren  Gelbdruck durch das zuständige Normungsgremium im DIN verabschiedet wurde.

Mit dem Erscheinen der Norm ist Juni 2005 zu rechnen. Damit wird auf die Veränderungen im Stand Wissenschaft und Technik reagiert und der Harmonisierung der Europäischen Baunormen durch eine auf die Besonderheiten deutscher Erdbebengebiete ausgerichtete nationale Norm begegnet.

Gegenüber der DIN 4149 (alt) ergeben sich Veränderungen, die insbesondere für das Territorium des Freistaates Thüringen von Bedeutung sind:

  • Das auf historische Beobachtungen maximaler Bebenintensitäten gestützte (deterministische) Zonierungskonzept wird durch eine probabilistischen Karte ersetzt, die dem praktischen Sicherheitsbedürfnis und dem aktuellen Stand der Technik besser gerecht wird.

  • Die neue Erdbebenzonenkarte geht  von einer mittleren Wiederholungsperiode von 475 Jahren aus und entspricht einer 10% Überschreitenswahrscheinlichkeit in 50 Jahren. Dieses Gefährdungsniveau wird für allgemeine Hochbauten als ausreichend angesehen. 

  • Die Zonen der alten und neuen DIN 4149 unterscheiden sich bei quasi gleicher Nummerierung nicht nur qualitativ hinsichtlich der Gefährdungsgröße, sondern auch quantitativ bezüglich der jeweils zugeordneten ingenieurseismologischen Kenngrößen. 

  • Auch die DIN 4149 (2005) ist als Norm für allgemeine Hochbauten vorgesehen und formuliert. Durch den Geltungsbereich werden sicherheitsrelevante Anlagen, Talsperren und auch Brücken explizit ausgeklammert. 

Somit ist für diese Bauwerke, die durch ein erhöhtes Risikopotential gekennzeichnet sind, auch die DIN-Zonenkarte nicht direkt übertragbar. 

Für die Bauwerke mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis bzw. Risikopotential ergeben sich aus der notwendigen Beurteilung der Erdbebensicherheit Konsequenzen, die nur in staatlicher bzw. behördlicher Verantwortlichkeit zu regeln sind. Dies gilt insbesondere für Talsperren, Rückhaltebecken, Deponien und Absetzanlagen. u.a., bei denen a priori auf eine Betrachtung des Lastfalles Erdbeben nicht verzichtet werden darf bzw. denen Ereignisse mit einer deutlich geringeren Eintrittswahrscheinlichkeit zugrunde zu legen sind.

Dies äußert sich in der Forderung, für das Sicherheitsbeben von Ereignissen mit mittleren Wiederholungsperioden von 10000 (bzw. 5000) Jahren auszugehen. Das für die Auslegung maßgebende Beben ist somit von höherer Stärke als das für den jeweiligen Standort gemäß Erdbebenzonenkarte der DIN 4149 charakterisierte Bemessungsbeben (vgl. Schwarz, Biewald, Deubner, 2004).

Gefährdung infolge induzierter Seismizität

Das Land Thüringen weist hinsichtlich seiner Erdbebengefährdung gegenüber anderen Bundesländern eine Besonderheit auf, die sich mit dem Begriff der induzierten Seismizität, d. h. mit der durch den Eingriff des Menschen in die Natur hervorgerufenen Seismizität verbindet.

Mehrere schwere Gebirgsschläge sind bisher im Kalibergbau-Revier Werra beobachtet worden und zu Zeiten der DDR auch verschwiegen, heruntergespielt oder in den Zusammenhängen entstellt dargestellt worden (Tabelle 1).

Tabelle 1  Epizentralintensitäten für Gebirgsschläge des Werra-Gebietes (aus Erdbebenkatalog, Potsdam 1988)
OrtJahrEpizentralintensität I0
Heringen1953 7.5 
Merkers19587
Kerkers19616
Sünna19758
Völkershausen19898.5


Der Gebirgsschlag von Völkershausen (13. März 1989) erreichte mit einer Magnitude von 5,5 eine Größe der Energiefreisetzung, die für die tektonischen (natürlichen) Erdbeben als Maximalereignis in einem Zeitraum von 500 Jahren zu betrachten ist. Dieser Gebirgsschlag ist zugleich dem bisher in der Welt stärksten bergbauinduzierten Erdbeben in Südafrika (Witwatersrand, 1977) gleichzusetzen. Eine Wiederholung derartiger Ereignisse ist trotz der drastischen Reduzierung der Fördertätigkeiten nicht auszuschließen. Die Beseitigung der Erdbebenfolgen in Völkershausen erforderte enorme volkswirtschaftliche Mittel. Vergleichbare Ereignisse dürften die Möglichkeiten eines Bundeslandes allein übersteigen.

Der Gebirgsschlag hat einige der bereits genannten Aspekte bestätigt und in konkreten Größen verdeutlicht (Schwarz und Goldbach, 1998):

  • Die Bauwerke weisen eine begrenzte Widerstandsfähigkeit und eine Vielzahl von Entwurfs-, Ausführungsmängeln auf. Veraltertes Material (angefaultes oder befallenes Holz) begünstigen das Versagen stabilitätsentscheidender Knotenpunkte.

  • Die Schäden sind in vielen Fällen so gravierend, daß ein Abriß empfohlen bzw. durchgesetzt werden mußte.

  • Folgeschäden (z.B. durch das Versagen der Schornsteinköpfe) führen zu einer signifikanten Erhöhung des Gesamtschadens.

Durch die Staatliche Bauaufsicht wurde unmittelbar nach dem Ereignis und der Begutachtung aller baulichen Anlagen im Umkreis von 12 km folgende Bilanz aufgemacht (Jentzsch, 1990):

Tabelle 2  Schadensumfang mit Stand vom 30.4.1989 (nach Jentzsch, 1990)
OrtAbbruchTeilabbruchSanierung
Völkershausen43 (23)14 (5) 240 (52)
16 Nachbarorte10 (18)14 (8)189 (58)
gesamt53 (41)28 (13)429 (110)
(Klammerangaben beziehen sich auf Nebengebäude)

Handlungsbedarf

Aus der dargestellten Situation ergibt sich insbesondere in den Ingenieurwissenschaften ein Handlungsbedarf, der in folgenden Punkten zusammengefaßt werden kann:

  • Diskussion der Konsequenzen aus der Neufassung der DIN 4149 sowie der Anforderungen aus und in den Erdbebenzonen

  • Identifikation und Aufnahme der im Katastrophenfall überlebenswichtigen Objekte (Krankenhäuser, Feuerwehren u.ä.)

  • Identifikation und Überprüfung sicherheitsrelevanter oder “versorgungsrelevanter” Bauwerke insbesondere der Lebenslinien (life-lines): Energie, Wasser, Nahrung, Transport, Kommunikation, Altlasten

  • Identifikation des Bauwerksbestandes und seiner Verletzbarkeit

  • Abschätzung der Schadenspotentiale im großräumigem Maßstab (Schwerpunkt Ostthüringen)

  • Klärung des Ertüchtigungsbedarfs  

  • Schadenspotentiale infolge induzierter Ereignisse und Ableitung von Vorsorgemaßnahmen (nach Wegfall der Zonen in DIN 4149, vgl. Karten 1 und 2 mitr Karte 3)

  • Seismische Instrumentierung

Ziele und Schwerpunkte für ein vorbeugendes Katastrophenmanagement

Frühwarnung- Früherkennung – Risikoanalyse

Im Rahmen aktueller Forschungsarbeiten werden methodische Grundlagen einer GIS-basierten seismischen Risikobewertung entwickelt und an zwei Testgebieten (Kreisstadt Schmölln in Ostthüringen, Großstadt Köln)  erfolgreich zur Anwendung gebracht.

Mit den von den Autoren vorgelegten Ergebnissen zur seismischen Risikoabschätzung in Ostthüringen und in der Niederrheinischen Bucht [u.a: Schwarz et al. 2001a,b; Schwarz et al. 2004] besteht die Möglichkeit, erstmals für deutsche Erdbebengebiete eine vergleichende Analyse der Verletzbarkeit und Schadenserwartung vorzulegen.

Wie durch die Arbeiten gezeigt werden aknn, sind seismische Risikoanalysen bzw. Schadensszenarien geeignet, um die Früherkennung besonders gefährdeter urbaner Gebiete zu unterstützen und die vorhandenen seismischen Schadenspotentiale einzugrenzen.

Die für die deutschen Erdbebengebiete repräsentativen Untersuchungen können als Basis herangezogen werden, um die Ziele bzw. Schwerpunkte für ein vorbeugendes Katastrophenmanagement zu begründen und den auf behördlicher Seite erkennbaren Handlungsbedarf zu präzisieren. Aus der aktuellen Situation lassen sich in thesenartiger Form folgende Schlussfolgerungen ableiten.

(1) Bei Erdbebenschäden sterben Menschen durch den Einsturz von Gebäuden. Dieser Einsturz ist durch Frühwarnung nicht zu verhindern (Bild TASK FORCE Bingöl).

Ein vorbeugendes Katastrophenmanagement kann nicht (nur) in der Frühwarnung bestehen, sondern muss die Veränderung der Situation als mittel- bzw. langfristige Zielstellungen verfolgen. 

(2) Aus der Sicht des mit Bauwerken konfrontierten Bauingenieurs besteht das grundsätzliche Ziel weniger in der FRÜWARNUNG als vielmehr in der FRÜHERKENNUNG.

FRÜHERKENNUNG bedeutet im übertragenen Sinne die Bestandsaufnahme der Bauwerkssubstanz und Bewertung der Verletzbarkeit.

(3) Die durch das Erdbebenzentrum durchgeführten Forschungsarbeiten zur Quantifizierung realistischer  Schadenspotentiale für deutsche Großstadträume verdeutlichen,  dass

  • einerseits, die Erdbebentauglichkeit des Gebäudebestandes oder dessen Verletzbarkeit in der Regel nicht bekannt sind.

  • andererseits, die Erfassung des Bauwerksbestandes mit erheblichen Aufwendungen verbunden und nicht kurzfristig zu leisten ist

Dennoch sind Fallstudien die Voraussetzung, um den Handlungsbedarf, forschungs-strategische Zielstellungen und potentielle (prädestinierte, d.h. zuständige) Nutzer zu begründen. Die Auswahl der Fallstudien muss der Gefährdung sowie den regionalen Gegebenheiten und Besonderheiten Rechnung tragen und im nationalen Maßstab repräsentativ sein.    

(4) Die Erdbebengefährdung wird durch entsprechende Gefährdungszonenkarten regional differenziert und kann als bekannt gelten. Risikozonenkarten, die einen anderen Maßstab erfordern, stehen nicht zur Verfügung

Die auch für die FRÜHWARUNG relevanten Gebiete können mit der seismischen Risikokartierung identifiziert werden können. Dies gilt auch für Zonen mit erhöhter Schadenswahrscheinlichkeit. (Daraus abzuleitende Konsequenzen für die Einsatzkräfte- bzw. Einsatzwege-Planung wären zu klären.)  

(5) Die im Katastrophenfall „überlebenswichtigen“ Bauwerke, Anlagen und Einrichtungen mit Bedeutung für die Katastrophenbewältigung (Krankenhäuser, Feuerwehrgebäude usw.) sind bisher nicht überprüft worden.

Die im Katastrophenfall relevanten bzw. durch das Ereignis besonders betroffenen Bauwerke können mit der seismischen Risikokartierung identifiziert werden: Die Notwendigkeit bzw. Dringlichkeit von Ertüchtigungsmaßnahmen können hierarchisch und objektbezogen  begründet werden.

Risikoanalyse und Öffentlichkeit

(6) Es besteht Unsicherheit im Umgang mit den Ergebnissen [Beispiele: Neue Forderungen (zu untergeordneten Problemen) angesichts leerer Kassen? Oder: Vorwurf an Behörden, für Defizite in der Erdbebentauglichkeit verantwortlich zu sein Oder: Wettbewerbsnachteile aufgrund von Erdbebengefährdung und -risiko?]

Die Vorteile und Chancen der Arbeiten sind stärker bewusst zu machen. Eine Risikoakzeptanz auch außerhalb der Betroffenheitszeiträume unmittelbar nach den Katastrophenereignissen wäre bereits ein Fortschritt.

Präventive Maßnahmen [z. B. Erarbeitung einer Hierarchie besonders gefährdeter und exponierter Bauwerke; Ableitung und Abstimmung von Kriterien für die Ertüchtigungsbedarf, 

(7) Die Risikokartierung ist das Ergebnis der Verknüpfung von streuenden Eingangsparametern und verallgemeinerten Bestandsdaten, die simulierten Einwirkungs-bedingungen ausgesetzt werden. Resultate (Szenarien) sind aussagfähig in der Tendenz, Verteilung und Quantität. Zur Vermeidung von Fehlinterpretationen sind Ergebnisse der Schadenssimulationen über mittlere Schadensgrade pro Flächeneinheit bzw. Flächenelement (z.B. nach Flächennutzungsplan) anonymisiert darzustellen.  

Literatur

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